Horst Seehofer
Franz Josef Strauß-Haus
Mies-van-der-Rohe-Str. 1
80807 München
Sehr geehrter Herr Parteivorsitzender,
auch wir, der CSU Ortsverband Gerolzhofen, Ufr., haben die Ergebnisse der Bundestagswahl insbesondere mit Blick auf das erschreckend schlechte Abschneiden unserer Partei und den Erfolg der AfD mit Verwunderung zur Kenntnis genommen. Wir haben uns aber auch gefreut über das tolle Ergebnis unserer Direktkandidaten im Bezirk Unterfranken und vor allem über den Erfolg unserer MdB Dr. Anja Weißgerber.
Dass erste öffentliche Reaktionen und Statements der Parteiverantwortlichen nach solch katastrophalen Wahlergebnissen nicht immer wohlüberlegt und ausgewogen sein können, liegt in der Natur der Sache. Allerdings geben Ihre ersten Äußerungen, bzgl. des Schließens der „offenen rechten Flanke durch klare Kante“, sehr geehrter Herr Parteivorsitzender, Anlass zu Befürchtungen, denen wir deutlich entgegentreten wollen. Sollte diese Aussage das Ziel beschreiben, durch rhetorischen oder gar faktischen Rechtsruck rechtspopulistische oder rechtsnationale Positionen einzubinden oder Äußerungen hierzu auch nur zu tolerieren, entspricht dies in keinster Weise unserem Selbstverständnis einer Christlich Sozialen Union.
Mit einem solchen Rechtsruck würden wir zunehmend die Menschen der bürgerlichen Mitte verlieren, Frauen und Männer, die sich voller Überzeugung und mit hohem Einsatz vielfach ehrenamtlich in Vereinen, Kirchen und kirchlichen Verbänden, in Elternbeiräten von Schulen und Kindergärten und in vielen anderen Organisationen und Hilfsdiensten, nicht zuletzt auch in unseren kommunalen Parteigremien engagieren. Das sind die Menschen, mit denen wir seit Jahrzehnten die Politik an der Basis gestalten, die Bayern so stark und erfolgreich gemacht hat.
Das sind die Menschen, die erwarten, dass wir klare und eindeutige politische Meinungen haben, dass wir realistische Forderungen und Ziele aufstellen, verfolgen und durchsetzen – gerade auch in der Kommunalpolitik „an der Basis“ ebenso wie in den landes-, bundes- und europapolitischen Politikfeldern.
Genau diese Menschen erwarten, dass ihre CSU eine Partei der Mitte ist und bleibt, eine Partei der Familie, eine Partei des ehrenamtlichen Engagements, eine Partei der Werte, die gerade unser Land so stark gemacht haben.
Das Engagement und die Identifikation dieser Menschen mit ihrer politischen Heimat aufs Spiel zu setzen, um eines vermeintlich zu erwartenden zukünftigen Wahlerfolgs willen durch Einbindung oder auch nur Tolerierung rechtpopulistischer Gedanken und Positionen, ist aus unserer Sicht nicht zu rechtfertigen.
Wir bitten Sie, sehr geehrter Herr Parteivorsitzender, sowie alle maßgeblichen Gremien unserer Partei, in den bevorstehenden Gesprächen und bei der zukünftigen politischen Gestaltung die Stärke der CSU als soziale Partei der Mitte und des Ausgleichs zu bewahren und konstruktiv zur Geltung zu bringen.
Eines Rechtsrucks, in welcher Form auch immer, bedarf es hierzu nicht.
Nach unserem demokratischen Politik- und Toleranzverständnis ist rechts von unserer Mitte durchaus Platz für politische Gruppierungen und Ansichten, mit denen wir jedoch nichts, aber auch gar nichts am Hut haben.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Reuß
Ortsvorsitzender